Ein Artikel aus Welt der Tiere, Ausgabe 1/15
Von Elisabeth Kehl, Voliere-Gesellschaft Zürich

Gesellige Plappermäuler

Auf einer seiner Entdeckungsreisen in das Innere Australien stiess John Gould (1804 – 1881) zufällig auf einen der kleinsten Papageien, den Melopsittacus undulatus. Die Namenserklärung ist einfach, das griechische Wort melos heisst Gesang, psittakos Papagei; undulatus ist der lateinische Ausdruck für gewellt (mit Wellenzeichnung).

Zu dieser Zeit konnte noch niemand ahnen, dass ein Jahrhundert später Millionen dieser Vögel als Heimtiere in aller Welt gehalten werden würden. Auch Gould, der selbst 1840 ein Paar junge Wellensittiche mit nach England brachte, konnte eine solche Entwicklung nicht vorhersehen. Den Prozess der Domestikation des Wellensittichs können wir besser verfolgen als den Verlauf irgendeiner anderen Haustierwerdung. Über den Wellensittich kennen wir praktisch alle Fakten seit dem Tag, als er nach Europa kam, einschliesslich jener über die ersten Farbmutationen. Die Vögel, die Gould mitbrachte, wurden von seinem Schwager in einem Käfig gezüchtet und ein Zoohändler in London verkaufte das erste Paar für £ 27! Schon 1850 wurden im Antwerpener Zoo Wellensittiche ausgestellt, zu dieser Zeit war dieser Zoo Mittelpunkt des europäischen Vogelhandels. Die Beliebtheit dieser graziösen, lebendigen und bezaubernden kleinen Sittiche liess den Wellensittichhandel schwunghaft in die Höhe steigen, sodass es den Vogelfängern in Australien schwerfiel, mit der enormen Nachfrage Schritt zu halten. Die Tatsache, dass Frankreich allein 100 000 Paare im Jahr bestellte, gibt eine Vorstellung über die Anzahl der verschifften Vögel. Da es in der freien Wildbahn nur grüne Wellensittiche gibt und die ersten Farbvarianten erst in Menschenobhut aufkamen, förderte dies die rasche Verbreitung noch zusätzlich.

Bedürfnisgerechte Haltung

Ob grün-gelb oder blau-weiss, es ist wichtig zu wissen, dass diese Hausgenossen sehr viele Bedürfnisse haben. Beim Kauf sollte man daran denken, dass junge Wellensittiche schneller zahm werden als ältere. Sie sind leicht an der Wellenzeichnung des Kopfes zu erkennen, die bis an die Wachshaut         (= Nasenhaut) heranreicht, zudem haben sie ganz schwarze Augen ohne weissen Augenring. Diesen bekommen sie erst mit der Zeit. Ausgewachsene Männchen erkennt man leicht an der kräftig blau gefärbten Wachshaut, beim Weibchen ist sie beige bis bräunlich. In der ersten Zeit in ihrem neuen Zuhause brauchen die Wellensittiche etwas Ruhe, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, daher ist zu empfehlen, das neue Heim schon einzurichten, bevor die Vögel hineingesetzt werden. Je grösser das Zuhause, desto wohler fühlen sich die Tiere. Sitzstangen sollten mit unterschiedlichem Umfang – am besten ungespritzte Naturäste, auch freischwingende – angebracht werden. Falls die Wellensittiche nicht in grossen Volieren gehalten werden können, sollte ihnen täglich die Möglichkeit zum Freiflug gewährt werden, da das Fliegen zu ihren Grundbedürfnissen gehört. Ausserdem steigert dies ihre Lebensfreude und Gesundheit. Der Freiflug im Zimmer birgt aber auch einige Gefahren, wie beispielsweise giftige Pflanzen. Deshalb ist es wichtig, immer ein Auge auf die Vögel zu haben, und: Fenster und Türen zu!

Geeignete Standorte

Wellensittiche lieben die Geselligkeit und sie halten sich am liebsten dort auf, wo sich auch der Rest «ihrer Familie» aufhält. Geeignet ist ein heller und vor Zugluft geschützter Standort, wobei die Fensterbank und die Küche kein geeigneter Platz sind, da sie die pralle Sonne nicht gut vertragen, und in der Küche verbergen sich grosse Gefahren wie giftige Dämpfe, die beim ersten Gebrauch von neuen teflonbeschichteten Pfannen entstehen. Sie eignen sich auch für eine Gruppenhaltungin Volieren im Garten, dabei sollte darauf geachtet werden, dass sie einen zugfreien, windgeschützten Innenraum benötigen. In ihrer australischen Heimat leben die Vorfahren unserer Wellensittiche unter harten klimatischen Bedingungen. Sie müssen häufig grosse Entfernungen zurücklegen, um geeignete Nahrungsplätze zu finden. Ihre Grundnahrung besteht aus Samen unterschiedlicher Pflanzensorten. Wildkräuter und verschiedene Gräser sind sehr beliebt, Obst und Gemüse wird nur zurückhaltend angenommen, Kolbenhirse rundet das Menu ab. Um ihrem gemässigten Nagetrieb nachzukommen, eignen sich regelmässig gereichte frische Zweige wie Haselnuss oder Äste von Obstbäumen.

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