Ein Artikel aus dem Tagesanzeiger vom 25.08.2014

Am Zürcher Seebecken sind die jungen Kronentokos geschlüpft. Das ist nicht zuletzt den Love-Mobiles zu verdanken, die am Street-Parade-Wochenende bei der Voliere extra den Sound ausgeschaltet haben.

In Zürich wurde wohl noch nie so viel Aufhebens um Jungvögel gemacht, wie um jene der Kronentokos in der Voliere am Mythenquai. Lange Zeit war unklar, ob die empfindsamen Tiere den Trubel der Street-Parade überstanden haben. Nun bestätigt Voliere-Tierpfleger Marc Stähli, dass die Jungen geschlüpft und putzmunter sind.

Das war alles andere als gewiss, denn der errechnete Geburtstermin dieser seltenen Vögel fiel just auf den Samstag der diesjährigen Street-Parade. Die laute Musik und vor allem die Bässe bedeuten grossen Stress für die Vögel. Das Weibchen hätte in Panik verfallen und sich dabei in ihrem engen Brutkasten tödlich verletzen können.

Jungtiere noch im Nest eingemauert

Deshalb haben die Voliere-Verantwortlichen bereits im Vorfeld der Parade die Organisatoren um Rücksichtnahme gebeten. Diese haben mit einem Aufruf an die Love-Mobiles reagiert und sie gebeten, die Soundanlagen auf der Strecke bei der Voliere auszuschalten. Mit Erfolg: «Die Mobiles sind ohne Musik vorbeigeschlichen. Einige Partygänger haben sogar Happy Birthday für die Kronentokos gesungen», sagt Elisabeth Kehl, Präsidentin der Voliere-Gesellschaft Zürich.

Ob die Kleinen tatsächlich am 2. August 2014 zur Welt kamen, wird zwar ein Geheimnis bleiben: Das Weibchen mauert sich zum Brüten in sein Nest ein und bleibt auch nach der Geburt der Tiere noch rund zwei Wochen dort drin. Es steht auch noch nicht fest, wie viele Jungtiere effektiv geschlüpft sind. «Das können wir erst in ein bis zwei Wochen sagen. Dann werden die Jungen das Nest verlassen. Das Weibchen sollte aber noch diese Woche rauskommen», so Stähli.

Auch wenn die Jungen noch niemand gesehen hat, deutet alles darauf hin, dass sie wohlauf sind. «Wir hören ihr Piepsen, und der Insektenverbrauch ist enorm gestiegen. Das Männchen bringt nonstop Futter zum Nest», sagt Tierpfleger Stähli. Das Kronentoko-Männchen ist schon seit Beginn der Brutzeit enorm gefordert. Hat sich das Weibchen erst einmal im Nest eingemauert, ist er für ihr Wohlergehen und das der Jungen verantwortlich.

Junggeselle wurde drei Jahre getestet

Deshalb hat es auch lange gedauert, bis das Zürcher Kronentoko-Paar endlich brütet. «Das Weibchen hat den Junggesellen drei Jahre lang getestet und ihn offenbar für gut befunden. Schliesslich ist sie während der Brut- und Nistzeit völlig von ihm abhängig», sagt Elisabeth Kehl. Er mache seine Sache auch sehr gut. «Er kontrolliert beim geringsten Geräusch, was los ist, und schlägt Alarm, wenn wir ins Gehege kommen.»

Nicht nur in der Voliere freut man sich über den glücklichen Ausgang dieser aufregenden Brutzeit. Auch die Organisatoren der Street-Parade sind hocherfreut – zumal eines der Jungtiere aufgrund der aussergewöhnlichen Ereignisse den Namen Stripi erhalten wird. «Am liebsten würden wir die Patenschaft für Stripi übernehmen», sagt Joel Meier, Präsident des Vereins Street-Parade, gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet. «Die Aktion an der letzten Street-Parade war für uns eine tolle Sache. Alle waren Feuer und Flamme für den Stripi. Die Love-Mobiles haben ausnahmslos und konsequent den Sound ausgeschaltet. Das war einfach grossartig.»

Sammeln für die Kronentokos

Für die Kronentokos hat Meier teamintern die «Aktion Street-Parade for Life» ins Leben gerufen und unter dem Motto «Save the Kronentoko-Vogel» während der Street-Parade im VIP-Bereich insgesamt 730 Franken gesammelt, die er der Voliere-Gesellschaft Zürich übergeben wird.

Er plant auch weitere Aktionen, mit denen die Kronentoko-Jungen das ganze Jahr über unterstützt werden sollen – beispielsweise durch den Verkauf von Vogelfuttersäckchen, deren Erlös der Voliere zugutekommt. «Zudem wollen wir zur Feier der Kronentokos einen Apéro veranstalten, wenn die Jungen das Nest verlassen haben.»

Während rundum schon die Korken knallen, merken die Kronentoko-Küken nichts von der Aufregung. Wenn sie das Nest verlassen haben, werden sie noch bis im Frühling in der Voliere am Mythenquai bleiben können. «Spätestens im kommenden Sommer, wenn sie ausgewachsen sind, müssen wir sie an einen Zoo oder eine andere Voliere weitergeben», sagt Tierpfleger Stähli. «Es können nicht alle bei uns bleiben. Das würde zu aggressivem Verhalten führen.»

Text: Tina Fassbind

 

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